Lebenshilfe im antiken Rom. Individuelle Strategien zum Umgang mit urbanen Herausforderungen im Spiegel der spätrepublikanischen und frühkaiserzeitlichen Literatur


Das Projekt ist Teil der Thematischen Area 3: Urbane Verdichtung

Alltägliche Stress- und Krisensituationen, die sich in der Hauptstadt des römischen Imperiums, der Metropolis Rom, ergeben, untersucht das Fallbeispiel Lebenshilfe im spätrepublikanischen und frühkaiserzeitlichen Rom – Lebenshilfe heute. Anhand einschlägiger Texte (u. a., die sich konkret auf die Bewältigung von Stresssituationen, Lebenskrisen und traumatischen Erfahrungen beziehen, wird untersucht, was als Herausforderung/Krise wahrgenommen wird, wie solche individuellen Herausforderungen konzeptualisiert werden, welche prospektiven Praktiken zur Lebenshilfe für die intendierten Rezipienten (in diesem Fall Oberschichtrömer in der Stadt Rom), die aber auch exemplarisch für außerrömische RezipientInnen dieser Texte eintreten, vorgeschlagen werden. In diesem Kontext wird auch deutlich werden, welche kollektiven Institutionalisierungen, Einschränkungen und Möglichkeiten Gemeinschaften für die Bewältigung von individuellen Herausforderungen und Krisen zur Verfügung stell(t)en. Vor allem die Schriften Senecas, die sich größtenteils der Frage zuwenden, wie ein Individuum ein nicht nur im philosophischen Sinne gutes und zufriedenes Leben in der Gemeinschaft führen kann und mit gutem Recht als Vorläufer der modernen Verhaltenstherapie reklamiert werden könnte, wurden in späteren Epochen lebhaft rezipiert und an die eigenen zeitgenössischen Kontexte adaptiert. In einem zweiten Schritt sollen die Ergebnisse mit modernen Psychotherapieansätze verglichen werden. Es ergeben sich auch darüber hinaus weite interdisziplinäre Horizonte, etwa die Frage, wie diese Texte im Mittelalter rezipiert und in Adaption an die eigene Lebenswelt weitergeschrieben wurden.

Stellung innerhalb der Area: Um dieses spezifische Profil in einen weiteren interdisziplinären Horizont einzubetten und einen methodischen Austausch mit anderen Ansätzen zu ermöglichen (insbesondere zur materiellen Kultur), soll die im Rahmen der Thematic Area 3 bereits begonnene fruchtbare Zusammenarbeit idealerweise mit den Partnerprojekten innerhalb des Paketantrags fortgeführt werden (vorbehaltlich deren Bewilligung). Enge thematische und methodische Anknüpfungspunkte bieten dabei vor allem die Teilprojekte zur Konzeptualisierung von Zusammenleben in visuellen und literarischen theaterbezogenen Darstellungen in der Späten Republik und Römischen Kaiserzeit (Heide Frielinghaus, mit Beteiligung der Latinistik) sowie zu sozialen Dynamiken separater Gruppen in der zivischen Gesellschaft (Thomas Blank, Barbara Henning und Michael Hölscher). Ein gegenseitiger Austausch mit dem archäologischen Teilprojekt zum Umgang mit Herausforderungen in der urbanen Struktur der etruskischen Stadt Vulci (Mariachiara Franceschini [Freiburg] und Paul Pasieka) lässt ebenfalls Synergien erwarten, ebenso wie sich das ebenfalls auf Textquellen stützende, aber in einem späteren Zeithorizont verortete Teilprojekt zu Herrschaftswechseln als Herausforderung in mittelalterlichen städtischen Überlieferungen (Nina Gallion und Heidrun Ochs). Zudem können auch religiöse Praktiken für die Thematik der Lebenshilfe von Bedeutung sein, so dass sich auch Beziehungen zu dem im Rahmen von Challenges bereits bewilligten DFG-Projekt Entzauberte Rituale. Spuren der Fluchtafeln und ihre Funktion in der Offenbarung des Johannes von Michael Hölscher ergeben.